Forstwirtschaft
Forstwirtschaft
Entgegen einer weitverbreiteten Meinung sind die meisten Wälder, die wir in unseren Breitengraden antreffen, künstlich geschaffene Kulturlandschaften, die durch starke Eingriffe des Menschen entstanden sind. Diese Eingriffe werden unter dem Begriff Forstwirtschaft zusammengefasst. Die Zeit, die eine junge Pflanze braucht um zu einem imposanten Baum heranzuwachsen ist vergleichbar mit der Lebenserwartung eines Menschen oder kann sie sogar überschreiten. Dieser Umstand könnte eine Erklärung der menschlichen Kurzsichtigkeit in Bezug auf die Forstwirtschaft sein. Die Effekte einer forstwirtschaftlichen Methode sind oft erst für künftige Generationen sichtbar.
Pferde in der Forstwirtschaft, ein historischer Rückblick
Der Einsatz von Pferden oder Zugtieren in der Forstwirtschaft war lange Zeit die einzige Möglichkeit, um größere Holzmengen aus dem Wald zu transportieren. Diese Methode hat sich über mehrere Generationen bewährt und hatte nachweislich keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit des Waldes. Die Umstellung auf motorisierte Zugmaschinen wurde nach dem zweiten Weltkrieg systematisch durchgeführt. Diese plötzliche Umstellung könnte u.a. mit dem Tod zahlreicher erfahrener Männer im Kriegsgeschehen zu tun haben. Auch verließ man sich während des Krieges eher auf ein motorisiertes Fahrzeug als auf ein Pferdegespann. Der Einsatz von Schleppern und Maschinen in der Forstwirtschaft nahm ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stetig zu.
Die negativen Konsequenzen dieser Umstellung waren bereits eine Generation, also rund 25 Jahre später klar erkennbar. Durch das Zerfahren der Wälder mit schweren Maschinen wurde die Bodenstruktur flächig so verdichtet, dass die Bodenbiologie an diesen Stellen abstarb. Da durch die Fahrgassen klare Grenzen in den Waldboden gezeichnet wurden, konnten Mikroorganismen sich nur noch auf engstem Raum vermehren. Diese Verinselungseffekte trugen zu einer verarmten Biodiversität der Wälder bei, die wiederum für die Resistenz und Anfälligkeit des Biotops für Krankheiten und Parasiten verantwortlich ist.
Pferde in der Forstwirtschaft – die Situation in Europa
Hinsichtlich der Nutzung von Pferden in der Forstwirtschaft ist Skandinavien vielen anderen Gebieten einen Schritt voraus. Die skandinavischen Forstwirte verfügen bei jeder Jahreszeit über angepasste Geräte, um die Arbeitsleistung des Pferdes zu optimieren. Sie passen sich der Jahreszeit, den Gegebenheiten des Geländes und den Eigenheiten ihrer Pferde oder Zugtiere an, um optimale Resultate zu erreichen.
In Osteuropa ist der Einsatz von Zugtieren in der Forstwirtschaft noch weit verbreitet. Hier werden Pferde noch ausschließlich zur Waldarbeit gezüchtet und ausgebildet. Da die lokalen Pferderassen leichter sind, arbeiten die Tiere meist im Gespann. Im Vergleich zu schweren Kaltblütern sind diese Rassen einfacher zu handhaben und vielseitiger.
In Großbritannien erfährt das Holzrücken mit Pferden einen allgemeinen Wiederaufschwung.
Rückkehr nachhaltiger forstwirtschaftlicher Arbeitsweisen
Heutzutage gilt es, den Waldboden bestmöglich zu schützen. Pferde verdichten den Boden auch, jedoch immer nur punktuell. Diese räumlich sehr begrenzten Verdichtungen werden von der Waldbodenbiologie sehr schnell überwunden. Das Pferd kann sich folglich viel bodenschonender durch einen Bestand bewegen als ein Schlepper.
Um eine nachhaltige Forstwirtschaft zu garantieren, sollte der Waldbesitzer im Bestand ein Pferdegespann einsetzen. Dieses Gespann kann das Holz an Wege oder Rückegassen vorliefern. Im Gegensatz zu einem Schlepper mit Seilwinde kann das Pferd sich frei im Bestand bewegen und Hindernisse einfach umgehen. Beim Einsatz einer Seilwinde muss der direkte Weg zwischen Schlepper und Stamm immer frei sein.
Hinsichtlich des Arbeitstempos kann ein eingespieltes Pferdegespann sogar effizienter als ein Schlepper arbeiten. Die weit verbreitete Meinung, Pferdegespanne seien langsamer als die Maschinen beruht auf der Tatsache, dass Pferde oft in unwegsamen Geländen einsetzt werden. Der Vergleich mit einer Maschine, die auf flachem, einfach zu bewirtschaftendem Gelände arbeitet, ist also irrelevant.
Der Pferdeeinsatz in der Forstwirtschaft ist nachhaltig, ökonomisch, umweltschonend und schafft Arbeitsplätze im ländlichen Raum.
Vier grundlegende Aspekte, um das Holzrücken mit Pferden nachhaltig zu gestalten
Laut Doug Joiner müssen vier Kernpunkte beachtet werden, um den Einsatz von Pferden in der Forstwirtschaft wirklich nachhaltig zu gestalten:
- Wirtschaftlichkeit: In der modernen Forstwirtschaft müssen sowohl die Waldarbeiter, als auch die Waldbesitzer ein angemessenes Einkommen erzielen. Bei der Rentabilitätsberechnung reicht es nicht aus, den Arbeitslohn und die direkten Kosten für Maschinen bzw. Tiere zu beachten. Wer maschinell arbeitet, muss Wege und Polterplätze anlegen. Zudem entstehen Schäden am Waldbestand, die ebenfalls mit Unkosten verbunden sind. Angesichts dieser Faktoren ist die Arbeit mit Zugtieren vollkommen wettbewerbsfähig.
- Tierwohl: Tierwohl ist in unseren modernen Gesellschaften ein immer wichtigeres Thema. Um dauerhaft mit Pferden arbeiten zu können, müssen Profis zeigen, dass sie gut, freundlich und verantwortungsvoll mit ihren Tieren umgehen. Die Verbesserung des Tierwohls führt neben der größeren öffentlichen Akzeptanz ebenfalls zu einem längeren Arbeitsleben.
- Innovation: Durch moderne Techniken und Materialien kann bessere Arbeitsausstattung entwickelt werden. Diese dient nicht nur der Produktivität, sondern steigert gleichzeitig das Tierwohl.
- Ausbildung: Bessere Fachkenntnis und verbesserte Fähigkeiten der Pferdebesitzer tragen zu höherem Tierwohl und Produktivität bei. Genau hier reiht das Projekt horsepower.lu sich ein.