Rund 200 Besucher aus ganz Deutschland kamen zum Vorderwagentag des baden-württembergischen IGZ-Landesverbandes bei schönem, heißem Wetter nach Oberderdingen ins fruchtbare Kraichgau. 17/07/2022
Auf dem Veranstaltungsgelände waren ein Ackerfeld, ein Stoppelfeld sowie ein Luzerneschlag für die einzelnen Präsentationen von Bernd Lieb und seinem Team vorbereitet worden. Zudem waren drei Gespanne mit ihren erfahrenen Fuhrmännern vor Ort, um die vorgestellten Geräte in Aktion zu bringen.
Die Organisatoren hatten sich in dem zuvor erstellten Sicherheitskonzept klare Regeln gegeben, wie der Kontakt zwischen Gespannen, Geräten und dem Publikum möglichst gefahrlos ablaufen kann. So wurde bewusst auf die Beschallung mit Lautsprecher-Anlagen verzichtet und ein Zugang zum Vorführgelände war nur bei ruhig arbeitenden Gespannen unter Begleitung der Feldordner in Gruppen erlaubt. Diese Maßnahmen haben sich bewährt und ermöglichten einen optimalen Informationsaustausch.
Unter den sachkundigen Erläuterungen von Sprecher Johannes Kamps-Bender wurden zuerst die Basis-Vorderwagen als reine Zugadapter vorgestellt. Die Eigentümer der einzelnen Gefährte waren anwesend und konnten die Einsatzbereiche sowie die Stärken und Schwächen des jeweiligen Geräts auf ihrem Betrieb erläutern. Spannend war auch zu hören, welche technischen Details die einzelne Kauf- oder Konstruktionsentscheidung beeinflusst haben:
Bei einem war es die Beinverletzung des Vaters, der nicht mehr hinterherlaufen konnte, beim anderen das verzinkte Gestell, weil das Gerät im Freien stehen muss. Wieder an anderer benötigte eine versetzbare Deichsel für den dreispännigen Zug und einer berichtete von der Motivationssteigerung seiner Töchter für Ackerarbeiten durch die Verwendung des Vorderwagens.
Hier zeigte sich, wie groß die Vielfalt der Geräte und der Anwendungen ist. Zwei US-amerikanischen Modelle der Firma White horse, ein „Stift“ der Firma Schmitz, ein Vorderwagen der Mechanikerei Bauer sowie ein Eigenbau Schaff-Sulky konnten im Vergleich gezeigt werden. Im Vorfeld waren zudem von allen Einachsern die Deichselgewichte im leeren Zustand sowie mit Fahrer mittels Federwaage gemessen worden. Diese schwankten je nach Modell zwischen 7 und 20 kg im aufgesessenen Zustand doch erheblich. Im Zugbetrieb wurde die Deichsellast nicht gemessen und kann sich evtl. verändern, je nachdem wie der Anhängepunkt im Verhältnis zum Zugpunkt steht.
Eine zu geringe Deichsellast kann auch zu einer unruhigen und seitlich ausschlagenden Deichsel führen.
Interessant waren auch die Verwendungszwecke in den jeweiligen Betrieben: Das Ziehen von Wieseneggen, Netzeggen, Ackerwalzen wurde ergänzt durch Trommelheuwender, Sternradwender, Spindelmäher, Miststreuer, Holzrückewagen, Weidefässern sowie diverse ein – und zweiachsigen Wagen. Einige nutzen die Vorderwagen zudem auch zum Einfahren junger Tiere oder zum Spazierenfahren.
Im Anschluss an die Präsentation der Basis-Vorderwagen wurden drei zweiachsige Vorderwagen im Einsatz präsentiert. Hier kam zuerst der „Mester mit dem Handlanger“ der Firma Schmitz zum Einsatz mit einem Busatis Doppelmesser zum Einsatz. Mit drei Kaltblütern konnte hier mit zwei Meter Arbeitsbreite im Luzerneschlag gemäht werden. Ein HISKO-Vorderwagen mit Aufbaumotor kam ebenfalls zum Einsatz und konnte erwartungsgemäß eine gute Mäharbeit demonstrieren.
Spannend wurde es bei der Vorführung einer absoluten Neuheit. Der knallrote Vorderwagen BtheH der Bauernfamilie Häring, von Bene Häring konstruiert, wurde erst in der Nacht zuvor fertig und hat das Getriebe eines Kartoffelroders in sich. Die Zuschauer und der Fuhrmann waren überrascht von der offenkundigen Leichtzügigkeit. Denn der angehängte Kreiselschwader hatte trotz des dicht liegenden grünen Futters keinen spürbaren Kraftbedarf. Es ging der Spruch auf dem Feld um: „BtheH ist der neue I&J von der Schwäbischen Alb.“
Nach den Grünlandarbeiten ging es nochmal auf den Acker. Hier zeigten die Zweiachsgeräte ihr Können mit verschiedenen Hackgeräten und einer Kartoffellegemaschine. Bemerkenswert waren die bei weitem noch nicht ausgereizten Möglichkeiten, die sich für den Anbau von Hack- und Reihenkulturen ergeben können. Die Firma K.U.L.T. Kress aus dem benachbarten Kürnbach hatte leichtzügige Hackkombination dabei, die von den Vorderwagen ausgehoben und erfolgreich eingesetzt werden konnten. Hier stimmte hoffnungsfroh, dass für den Zugtiereinsatz eben nicht nur auf Geräte aus Übersee oder antike Landmaschinen verwendet werden müssen, sondern Unternehmen mit aktueller Technik im Inland gute und individuell kombinierbare Geräte bereitstellen können. Hier wird man sehen, ob der Lieb´sche Zugteufel, ein zweiachsiger Eigenbau von Bernd Lieb, in den nächsten Jahren mit neuen Hack- und Pflegekombinationen in den Einsatz geht.
Die Veranstaltung war als Fachpräsentation konzipiert und beworben worden, so dass im Wesentlichen nur Fachpublikum aus den benachbarten Bundesländern und der Schweiz gekommen waren. Das Fachliche stand im Vordergrund und die ausgestellten Geräte boten viel Diskussionsmaterial, was wiederum den Austausch zwischen den Teilnehmern anregte. Das Veranstaltungsformat wurde von den Organisatoren als hoch erfolgreich angesehen und zur Nachahmung empfohlen. Vielleicht sehen andere Landesverbände oder die Freunde im nahen Ausland ebenfalls die Möglichkeit ähnliche Fachtage im jährlichen Wechsel zu organisieren?